Veränderungen im ganzheitlichen Purchase-to-Pay Prozess: Auf dem Weg zur intelligenten Automatisierung

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Der Purchase-to-Pay (P2P)-Prozess ist ein zentraler Bestandteil der digitalen Transformation im Finanz- und Rechnungswesen. Als integrierte Informationsverarbeitung rund um die maschinell verarbeitbare Rechnung bietet dieser Prozess maximale Effizienz- und Effektivitätsvorteile. Die bevorstehende E-Rechnungspflicht ab 2025 fungiert dabei als Katalysator, der Unternehmen die Möglichkeit bietet, ihre bestehenden Systeme zu modernisieren und neue Technologien zu integrieren, um den P2P-Prozess noch effizienter zu gestalten.

In unserer Beitragsreihe zur KI-Transformation im Finanz- und Rechnungswesen haben wir die bisherigen Entwicklungen und spezifische Anwendungen von Künstlicher Intelligenz bereits ausführlich beleuchtet. Nun richten wir den Blick auf den ganzheitlichen Purchase-to-Pay (P2P)-Prozess, der als Rückgrat der digitalen Transformation im Rechnungswesen gilt.

In diesem Beitrag diskutieren wir, wie dieser End-to-End-Prozess aktuell automatisiert wird und welche Veränderungen durch den Einsatz von KI-Technologien zu erwarten sind. Dabei klären wir auch die Unterschiede zu verwandten Bereichen wie der AP Automation und dem E-Invoicing, um den umfassenden Charakter des P2P-Prozesses deutlich zu machen.

Purchase-to-Pay: Ein umfassender Prozess mit ungenutztem Potenzial

Der Purchase-to-Pay (P2P)-Prozess ist weit mehr als nur die Automatisierung der verketteten Einzelprozesse. Vielfach stellt er das Rückgrat der operativen Effizienz dar, weil er eine zentrale Rolle bei der Steuerung und Optimierung der finanziellen Ressourcen eines Unternehmens spielt. Er hat direkte Auswirkungen auf die Sicherstellung einer nahtlosen und kosteneffizienten Zusammenarbeit mit Lieferanten und für die Aufrechterhaltung des Cashflows im Unternehmen, was jedoch oft noch nicht vollständig ausgeschöpft wird. Um den P2P-Prozess in seiner ganzen Tiefe zu verstehen und seine Vorteile zu nutzen, ist es wichtig, seine Definition, Abgrenzung sowie die bestehenden Herausforderungen und aktuellen Implementierungstrends zu kennen.

Definition des Purchase-to-Pay Prozesses

Der Purchase-to-Pay (P2P)-Prozess beschreibt den gesamten Ablauf, den ein Unternehmen durchläuft, um Waren oder Dienstleistungen zu beschaffen und schließlich zu bezahlen. Dieser Prozess beginnt mit der Bedarfsermittlung, setzt sich über die Lieferantenauswahl, Bestellung und Warenannahme fort und endet mit der Rechnungsprüfung, Zahlungsfreigabe und buchhalterischen Verbuchung. Der P2P-Prozess umfasst somit den gesamten Lebenszyklus einer Bestellung und ist entscheidend für die betriebliche Effizienz und Finanztransparenz eines Unternehmens.

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Ein effizient gestalteter P2P-Prozess gewährleistet, dass Unternehmen ihre Beschaffungen präzise, kostengünstig und nachvollziehbar abwickeln können. Durch die Optimierung dieses Prozesses können Unternehmen ihre Betriebskosten senken, ihre Lieferantenbeziehungen stärken und eine höhere Transparenz in ihren Finanzflüssen erzielen. Darüber hinaus trägt ein gut strukturierter P2P-Prozess dazu bei, Compliance-Risiken zu minimieren und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sicherzustellen.

Die automatisierte Rechnungseingangsverarbeitung bzw. die Accounts Payable Automation als Herzstück des P2P Prozesses

Die automatisierte Rechnungseingangsverarbeitung, auch bekannt als Accounts Payable (AP) Automation, spielt eine zentrale Rolle im P2P-Prozess. Sie bezieht sich auf den Einsatz von Technologien zur Automatisierung der Schritte, die notwendig sind, um eingehende Rechnungen von der Erfassung bis zur Zahlung zu verarbeiten. Der Hauptzweck der AP Automation besteht darin, manuelle Eingriffe zu minimieren, Fehler zu reduzieren und den gesamten Prozess effizienter zu gestalten.

Traditionell erfordert die Rechnungsverarbeitung erhebliche manuelle Arbeit: Rechnungen müssen erfasst, auf Richtigkeit überprüft, genehmigt und schließlich bezahlt werden. Diese manuellen Prozesse sind zeitaufwendig, fehleranfällig und kostenintensiv, insbesondere bei einem hohen Rechnungsvolumen. Durch die Einführung von AP Automation können viele dieser Schritte automatisiert werden, was zu einer erheblichen Beschleunigung des Prozesses und einer Reduzierung der Fehlerquote führt. Typische Funktionen der AP Automation umfassen die automatische Erfassung von Rechnungsdaten mittels Optical Character Recognition (OCR), die Validierung dieser Daten gegen Bestellungen oder Verträge und die automatisierte Weiterleitung zur Genehmigung basierend auf vordefinierten Workflows.

Exkurs: Elektronische Rechnungsformate und ihre Besonderheiten für die Verarbeitung

Elektronische Rechnungsformate sind ein wesentlicher Bestandteil der modernen AP Automation, da sie die Grundlage für die automatisierte Verarbeitung von Rechnungen bilden. Es gibt eine Vielzahl von elektronischen Formaten, die je nach rechtlichen Anforderungen und Branchenstandards variieren. Zu den gängigsten Formaten gehören:

  • XRechnung: Ein XML-basiertes Format, das den EU-Standard für elektronische Rechnungen erfüllt und insbesondere im öffentlichen Sektor verwendet wird. XRechnung zeichnet sich durch strikte Vorgaben hinsichtlich der vorgeschriebenen Datenfelder und der Struktur aus.

  • ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland): Ein hybrides Format, das sowohl maschinenlesbare XML-Daten als auch ein visuell darstellbares PDF in einer Datei kombiniert. ZUGFeRD bietet Flexibilität, da es sowohl für elektronische als auch für manuelle Prozesse genutzt werden kann.

  • EN 16931: Das europäische Standardformat für elektronische Rechnungen.
  • EDI (Electronic Data Interchange): Ein älteres, aber weiterhin weit verbreitetes Format für den elektronischen Austausch von Geschäftsdokumenten zwischen Unternehmen. EDI-Rechnungen sind besonders effizient, erfordern jedoch eine präzise Abstimmung der beteiligten Systeme. Mit der E-Rechnungspflicht müssen die EDI-Konzepte bestimmte Anforderungen an die verwendeten Dokumentencodes erfüllen. EDI-Formate müssen mit der europäischen Norm EN 16931 kompatibel sein oder sich in ein solches Format konvertieren lassen. Weiter müssen alle nach dem Umsatzsteuergesetz erforderlichen Angaben aus dem EDI-Format extrahierbar sein.

Die Wahl des richtigen elektronischen Rechnungsformats ist entscheidend für die Effizienz der AP Automation. Ein System muss in der Lage sein, verschiedene Formate zu verarbeiten, um flexibel und skalierbar zu sein. Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Datenqualität und -konsistenz sicherzustellen, um Fehler bei der automatisierten Verarbeitung zu vermeiden und die Einhaltung von Compliance-Vorschriften zu gewährleisten.

Exkurs: Adoption als zweigeteilter Status-Quo

Die Implementierung und Nutzung des P2P-Prozesses variiert stark zwischen großen und kleinen Unternehmen, was zu einem zweigeteilten Status-Quo führt. Große Unternehmen haben oft erhebliche Fortschritte bei der Automatisierung ihrer P2P-Prozesse gemacht. Sie setzen fortschrittliche Technologien ein, die manuelle Eingriffe minimieren und Dunkelbuchungen ermöglichen. Die E-Rechnungspflicht und der zunehmende Einsatz von KI bieten ihnen zusätzliche Chancen, ihre Prozesse weiter zu optimieren. Diese Unternehmen profitieren von der Standardisierung und den fortschrittlichen Datenanalysen, die ihre Prozesseffizienz und Entscheidungsfindung erheblich verbessern.

Im Gegensatz dazu stehen kleinere Unternehmen vor spezifischen Herausforderungen. Oft sind sie durch begrenzte Budgets und fehlende Expertise in der Implementierung komplexer Automatisierungslösungen eingeschränkt. Dennoch könnte die bevorstehende E-Rechnungspflicht und die Verfügbarkeit neuer, kostengünstigerer KI-Lösungen einen „Leap-Frog-Effekt“ auslösen, der ihnen hilft, bestehende Hürden zu überwinden und schneller aufzuschließen. Diese Zweiteilung zeigt, dass der Erfolg der P2P-Digitalisierung stark von den verfügbaren Ressourcen und der strategischen Ausrichtung des Unternehmens abhängt. Während große Unternehmen bereits weit fortgeschritten sind, bietet der technologische Wandel kleineren Unternehmen die Chance auf eine beschleunigte Entwicklung.

Status Quo der P2P-Automatisierung

Die Automatisierung des Purchase-to-Pay (P2P)-Prozesses hat in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, jedoch zeigt sich ein gemischtes Bild, wenn man den aktuellen Stand der Umsetzung in Unternehmen betrachtet. Während einige Unternehmen bereits fortschrittliche Technologien einsetzen, arbeiten viele noch immer mit einer problematischen Kombination aus digitalen und analogen Prozessen. Diese hybride Vorgehensweise führt zu Bruchstellen im Prozessablauf und vermindert die potenzielle Effizienz, die durch eine durchgängige Automatisierung möglich wäre.

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Automatisierung des Rechnungseingangsprozesses als Ausgangspunkt

Der Rechnungseingangsprozess bildet einen zentralen Baustein des Purchase-to-Pay (P2P)-Prozesses und ist häufig der erste Schritt auf dem Weg zur umfassenden Prozessautomatisierung. Die Effizienzsteigerung und Fehlerreduktion in der Unternehmensbuchhaltung hängen maßgeblich von der Automatisierung dieses Prozesses ab. Traditionell war die Verarbeitung von Rechnungen ein manuell geprägter Vorgang, bei dem die Erfassung, Überprüfung und Genehmigung erhebliche Arbeitsressourcen beanspruchte. Diese manuelle Bearbeitung ist nicht nur zeitaufwendig, sondern birgt auch ein hohes Fehlerrisiko, insbesondere bei einem hohen Rechnungsaufkommen.

Mit der Einführung von Technologien wie Optical Character Recognition (OCR) und Workflow-Management-Systemen konnte der Rechnungseingangsprozess erheblich automatisiert werden. OCR-Technologie ermöglicht die automatische Erfassung von Rechnungsdaten aus gescannten Dokumenten oder PDF-Dateien, während Workflow-Management-Systeme die nachfolgende Bearbeitung, Genehmigung und Zahlung steuern. Diese Lösungen haben die Bearbeitungszeit signifikant verkürzt und die Genauigkeit der Verarbeitung verbessert, wodurch Unternehmen erhebliche Effizienzgewinne erzielen konnten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Automatisierung des Rechnungseingangs ist die Einführung und Integration der E-Rechnung, die zunehmend als Standardformat für elektronische Rechnungen genutzt wird. Die bevorstehende E-Rechnungspflicht, die in vielen europäischen Ländern ab 2025 in Kraft tritt, treibt die Verbreitung dieses Formats weiter voran. E-Rechnungen werden in einem strukturierten, maschinenlesbaren Format wie ZUGFeRD oder XRechnung übermittelt, was die nahtlose Integration in bestehende Systeme und die automatisierte Verarbeitung ermöglicht. Durch die Verwendung von E-Rechnungen können Unternehmen den gesamten Rechnungseingangsprozess weiter beschleunigen und die Fehlerquote deutlich senken, da die manuelle Dateneingabe entfällt.

Zusätzlich zur E-Rechnung spielt der Electronic Data Interchange (EDI) eine entscheidende Rolle in der modernen Rechnungsverarbeitung. EDI ermöglicht den standardisierten, elektronischen Austausch von Geschäftsdokumenten zwischen Unternehmen, einschließlich Rechnungen, Bestellungen und Versandmitteilungen. Diese Anbindungen bieten den Vorteil einer vollständig automatisierten und integrierten Kommunikation zwischen Geschäftspartnern, wodurch Prozesseffizienz und Genauigkeit weiter gesteigert werden können. EDI-Anbindungen erfordern jedoch eine präzise Abstimmung der beteiligten Partner und Systeme, um sicherzustellen, dass die Daten korrekt übertragen und verarbeitet werden.

Insgesamt stellt die Rechnung jedoch nur einen Informationsbaustein in einem umfassenderen Prozess dar, der hinsichtlich seiner Korrektheit überprüft, abgeglichen und verarbeitet werden muss. Erst die Integration der Rechnungsinformation mit den Prozessen, die den Vorfall kreiert haben (die Bestellung), dem Vorgang, der die Verbindlichkeit rechtfertigt (der Wareneingang), und der Erbringung der finanziellen Leistung (die Zahlung), ermöglicht die Realisierung des vollen Potenzials. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nur wenige Geschäftsvorfälle vollständig identisch und eindeutig sind, sodass für eine effiziente Prozessumsetzung eine intelligente Automatisierung erforderlich ist.

Status-Quo zur Automatisierung des End-To-End-Prozesses im Purchase-to-Pay

Der Stand der Automatisierung für den End-to-End-Prozess im Purchase-to-Pay lässt sich als komplexe Vielfalt beschreiben. Während es einerseits unterschiedliche Adoptionsstände zwischen Unternehmen und Branchen gibt, existieren auch innerhalb von Unternehmen und Geschäftsvorfallstypen erhebliche Unterschiede. So können Unternehmen mit klar definierten Supply-Chain-Prozessen weitaus stärker automatisiert arbeiten als solche, deren Geschäftsvorfälle stark variieren. Ist in einem Unternehmen eine abgestimmte IT-Landschaft vorhanden, lässt sich ein durchgängiger Prozess deutlich leichter implementieren als in Unternehmen, die durch eine Vielzahl unterschiedlicher Fachanwendungen und je nach Geschäftseinheit unterschiedliche Anforderungen gekennzeichnet sind.

Insgesamt ist festzuhalten, dass der Abgleich und die Zuordnung von Rechnungen zu Bestellbezügen und Geschäftsprozessen häufig eine hohe Variabilität aufweisen, was adaptive und intelligente Systeme erfordert. Außerhalb der massenhaften Supply-Chain-Vorgänge mit klarem Bestellbezug wird zunehmend auf RPA-Ansätze gesetzt, die als adaptive Brückentechnologie verschiedene Prozessbrüche schließen können.

Dennoch bestehen bei vielen Unternehmen noch zahlreiche kritische Brüche im Prozessablauf, die sich durch folgende Punkte beschreiben lassen:

  • Integration unterschiedlicher Systeme: Viele Unternehmen arbeiten mit einer Vielzahl unterschiedlicher Systeme und Anwendungen, die nicht immer nahtlos miteinander kommunizieren. Diese fehlende Integration führt zu Datenbrüchen, doppelter Datenerfassung und einer mangelnden Transparenz über den gesamten Prozess hinweg. Insbesondere in größeren Organisationen, die historisch gewachsene IT-Landschaften besitzen, ist die Harmonisierung dieser Systeme eine große Herausforderung. Eine durchgängige und integrierte Plattform, die alle relevanten P2P-Funktionen miteinander verbindet, ist notwendig, um einen reibungslosen Informationsfluss zu gewährleisten und die Effizienz der Prozessabwicklung zu maximieren.
  • Verarbeitung unstrukturierter Daten: Ein weiteres zentrales Problem ist die Verarbeitung unstrukturierter Daten, wie sie häufig in E-Mails, PDFs oder gescannten Dokumenten vorkommen. Während Optical Character Recognition (OCR) und regelbasierte Systeme Fortschritte bei der Erfassung solcher Daten gemacht haben, stoßen sie oft an ihre Grenzen, wenn es um die präzise und umfassende Verarbeitung komplexer oder unvollständiger Informationen geht. Die Notwendigkeit, unstrukturierte Daten effizient zu integrieren, erfordert den Einsatz fortschrittlicher Technologien wie Natural Language Processing (NLP) und Künstlicher Intelligenz (KI), um diese Daten für den P2P-Prozess nutzbar zu machen.
  • Medienbrüche und manuelle Eingriffe: Die Mischung aus digitalen und analogen Prozessen führt häufig zu Medienbrüchen, die den Informationsfluss stören und Ineffizienzen im P2P-Prozess erzeugen. Manuelle Eingriffe sind nach wie vor erforderlich, wenn Dokumente, wie Rechnungen oder Lieferscheine, nicht in digitaler Form vorliegen und manuell ins System übertragen werden müssen. Diese manuelle Verarbeitung ist nicht nur zeitaufwendig, sondern birgt auch ein hohes Fehlerrisiko. Um diese Medienbrüche zu überwinden, müssen Unternehmen verstärkt auf vollständig digitale Prozesse setzen und Technologien wie Robotic Process Automation (RPA) und EDI (Electronic Data Interchange) nutzen, um manuelle Aufgaben zu reduzieren.
  • Compliance und regulatorische Anforderungen: Die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften stellt eine weitere Herausforderung dar, die den Automatisierungsgrad im P2P-Prozess beeinflusst. Insbesondere in stark regulierten Branchen müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Systeme und Prozesse den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen entsprechen. Dies erfordert regelmäßige Updates und Anpassungen der Systeme, was gerade für kleinere Unternehmen eine erhebliche Belastung darstellen kann. Die Integration von Compliance-Management-Lösungen, die automatisch sicherstellen, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, kann hier Abhilfe schaffen und gleichzeitig den Automatisierungsgrad erhöhen.
  • Adaptive und intelligente Automatisierung: Eine der größten Herausforderungen besteht darin, die Automatisierung im P2P-Prozess so zu gestalten, dass sie flexibel auf unterschiedliche und sich verändernde Geschäftsvorfälle reagieren kann. In vielen Unternehmen gibt es keine „One-Size-Fits-All“-Lösung, da die Komplexität und Variabilität der Geschäftsvorfälle eine hohe Anpassungsfähigkeit erfordern. Hier kommen adaptive und intelligente Systeme ins Spiel, die in der Lage sind, aus vergangenen Prozessen zu lernen und sich dynamisch an neue Anforderungen anzupassen. Solche Systeme nutzen KI und maschinelles Lernen, um kontinuierlich Verbesserungen vorzunehmen und auch komplexe, unstrukturierte Vorgänge effizient zu automatisieren.

Zusammengefasst zeigt sich, dass die Automatisierung des P2P-Prozesses in vielen Unternehmen noch erhebliches Potenzial zur Optimierung bietet. Durch den gezielten Einsatz fortschrittlicher Technologien und die Überwindung der bestehenden Herausforderungen können Unternehmen den Automatisierungsgrad erhöhen, die Prozesskosten senken und ihre betriebliche Effizienz weiter steigern.

Evolution und Disruption für AP Automation & P2P durch den Einsatz von KI-Technologien

Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in den Purchase-to-Pay (P2P)-Prozess und die Accounts Payable (AP) Automation markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Unternehmensautomatisierung. Im Gegensatz zu traditionellen, regelbasierten Systemen passt sich KI dynamisch an Veränderungen an, lernt aus historischen Daten und trifft fundierte Entscheidungen in Echtzeit.

Mit dieser Flexibilität und Intelligenz bringen die KI-Ansätze neue Impulse für die Prozessautomatisierung - sowohl als nächste Entwicklungsstufe der RPA-Ansätze als auch im größeren Kontext der Hyperautomation. Siehe dazu unseren speziellen Artikel zur Evolution der Prozessautomatisierungstechnologien! Dies ermöglicht eine Automatisierung nicht nur für repetitive Aufgaben sondern auch für die Verarbeitung von komplexen, unstrukturierten Daten und Geschäftsvorfallsinformationen, was sowohl die Prozessgeschwindigkeit als auch die Entscheidungsqualität deutlich verbessert.

KI-gestützte Evolution der Automatisierung im Rechnungseingangsprozess (AP Automation)

Im Bereich der automatisierten Rechnungseingangsverarbeitung bringen die unterschiedlichen KI-Technologien interessante Erweiterung in einer besseren Erfassung und Verarbeitung von Sonderfällen beim elektronischen Rechnungseingang:

  • Natural Language Processing (NLP) zur Verarbeitung unstrukturierter Daten: Natural Language Processing (NLP) ist eine Schlüsseltechnologie im Bereich der Künstlichen Intelligenz, die es Maschinen ermöglicht, menschliche Sprache zu verstehen und zu verarbeiten. Im Rahmen der Accounts Payable (AP) Automation ermöglicht NLP die effiziente Verarbeitung unstrukturierter Daten, die in Rechnungen häufig vorkommen. Dies umfasst Textinformationen, Kommentare, Anmerkungen oder komplexe Rechnungspositionen, die in herkömmlichen, regelbasierten Systemen nur schwer zu verarbeiten sind. Durch den Einsatz von NLP können Rechnungsdaten präziser extrahiert und kategorisiert werden, was die Gesamtgenauigkeit und Effizienz der Rechnungsverarbeitung erheblich verbessert.
  • Machine Learning und Predictive Analytics: Machine Learning (ML) und Predictive Analytics spielen eine zentrale Rolle in der KI-gestützten Automatisierung. Durch die Analyse historischer Rechnungsdaten können diese Technologien Muster erkennen und Vorhersagen treffen, die für die Optimierung des Rechnungsverarbeitungsprozesses genutzt werden können. Zum Beispiel kann ML Anomalien in Rechnungen frühzeitig erkennen, bevor sie den Prozess stören, oder den optimalen Zeitpunkt für Zahlungen vorhersagen, um Skonti zu nutzen oder Liquiditätsengpässe zu vermeiden. Diese prädiktiven Fähigkeiten machen den Rechnungsprozess nicht nur effizienter, sondern auch sicherer und strategischer.
  • Cognitive Computing für komplexe Entscheidungen: Cognitive Computing geht einen Schritt weiter, indem es versucht, menschliche Denkprozesse nachzuahmen. Diese Technologie ist besonders nützlich, wenn es um die Bearbeitung komplexer, unstrukturierter oder mehrdeutiger Rechnungsdaten geht. Cognitive Computing kann beispielsweise Rechnungen verarbeiten, die abweichende Layouts, unklare Bezeichnungen oder unvollständige Daten enthalten, und fundierte Entscheidungen darüber treffen, ob die Rechnung automatisch weiterverarbeitet oder zur manuellen Prüfung weitergeleitet werden sollte. Diese Lern- und Anpassungsfähigkeit verbessert die Effizienz und Genauigkeit der Rechnungsverarbeitung erheblich.

KI-gestützte Disruption der Automatisierung im Purchase-to-Pay-Prozess

Die Einführung von KI im Purchase-to-Pay (P2P)-Prozess geht weit über die Optimierung bestehender Abläufe hinaus und führt zu einer grundlegenden Disruption der gesamten Prozesslandschaft. KI-Technologien verändern die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Beschaffungs- und Zahlungsprozesse steuern, indem sie eine tiefgreifende Automatisierung ermöglichen, die bisherige Grenzen sprengt.

  • Automatisierte Entscheidungsfindung: Eine der zentralen Disruptionen durch KI ist die automatisierte Entscheidungsfindung im P2P-Prozess. Anstatt sich auf vordefinierte Regeln und manuelle Eingriffe zu verlassen, nutzt KI fortschrittliche Algorithmen, um fundierte Entscheidungen in Echtzeit zu treffen. Dies betrifft nicht nur Routineaufgaben wie die Rechnungsverarbeitung, sondern auch komplexe Entscheidungen wie die Lieferantenauswahl oder die Optimierung von Zahlungsbedingungen. KI analysiert dabei große Datenmengen und erkennt Muster, die für menschliche Entscheidungsträger schwer zu identifizieren wären, und kann so proaktiv Maßnahmen ergreifen.
  • Erweiterte Prozessautomatisierung durch Cognitive Computing: Cognitive Computing erweitert die Automatisierungsmöglichkeiten im P2P-Prozess erheblich, indem es die Fähigkeit der Systeme verbessert, menschenähnliche Denkprozesse nachzubilden. Dies ermöglicht eine dynamische Anpassung an unerwartete oder komplexe Situationen, die in traditionellen Automatisierungslösungen oft manuelle Eingriffe erfordern würden. Cognitive Computing hilft dabei, unstrukturierte Daten zu verarbeiten, Ausnahmen zu bewältigen und die Effizienz im gesamten P2P-Prozess zu steigern.
  • Integration von Predictive Analytics zur Prozessoptimierung: Predictive Analytics, eine weitere disruptive KI-Technologie, spielt eine entscheidende Rolle bei der proaktiven Steuerung und Optimierung des P2P-Prozesses. Durch die Analyse historischer Daten und die Anwendung von Machine-Learning-Modellen können Unternehmen zukünftige Entwicklungen im Beschaffungsprozess vorhersagen, etwa bei der Planung von Bestellungen oder der Vorhersage von Cashflow-Anforderungen. Diese vorausschauenden Fähigkeiten ermöglichen es Unternehmen, ihre Ressourcen effizienter zu nutzen und Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu minimieren.
  • Adaptivität und kontinuierliches Lernen: Eine der größten Stärken von KI im P2P-Prozess ist ihre Fähigkeit zur Adaptivität und zum kontinuierlichen Lernen. KI-Systeme sind nicht statisch, sondern passen sich dynamisch an neue Daten und veränderte Bedingungen an. Sie lernen kontinuierlich aus vergangenen Erfahrungen und verbessern so ihre Entscheidungsfindung und Prozesssteuerung im Laufe der Zeit. Dies führt zu einer ständig wachsenden Effizienz und Anpassungsfähigkeit, die es Unternehmen ermöglicht, auf Marktveränderungen und neue Anforderungen schnell und effektiv zu reagieren.
  • Schaffung einer nahtlosen End-to-End-Automatisierung: Schließlich ermöglicht KI die Schaffung einer nahtlosen End-to-End-Automatisierung im P2P-Prozess. Durch die Integration verschiedener KI-Technologien – von NLP über Cognitive Computing bis hin zu Predictive Analytics – wird der gesamte Prozess von der Bedarfsermittlung bis zur finalen Zahlung automatisiert. Dies eliminiert Brüche und Ineffizienzen im Prozessablauf und sorgt für eine durchgängige, transparente und effiziente Prozesskette, die manuelle Eingriffe auf ein Minimum reduziert.

Herausforderungen und Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von KI im P2P

Die Vorteile der Künstlichen Intelligenz im Purchase-to-Pay-Prozess (P2P) sind unbestreitbar. KI bietet nicht nur erhebliche Effizienzsteigerungen, sondern ermöglicht sowohl eine tiefgreifende Transformation der Automatisierung wie auch Risiken und Herausforderungen.

  • Datenqualität und -verfügbarkeit: Die Qualität und Verfügbarkeit von Daten sind entscheidende Erfolgsfaktoren für den Einsatz von KI im P2P-Prozess. KI-Systeme sind stark auf große Mengen an qualitativ hochwertigen Daten angewiesen, um effektiv lernen und genaue Vorhersagen treffen zu können. Unvollständige, inkonsistente oder fehlerhafte Daten können die Leistung der KI erheblich beeinträchtigen. Daher ist es für Unternehmen unerlässlich, ihre Datenquellen zu integrieren und die Konsistenz der Daten sicherzustellen, bevor sie KI-Lösungen implementieren.
  • Komplexität, Kosten und organisatorische Herausforderungen: Die Einführung von KI-Technologien im P2P-Prozess kann mit erheblichen Herausforderungen verbunden sein, insbesondere in Bezug auf die technologische Komplexität und die damit verbundenen Kosten. Die Entwicklung, Implementierung und Wartung von KI-Systemen erfordern spezialisierte Fachkenntnisse, die nicht in allen Unternehmen verfügbar sind. Darüber hinaus kann der Übergang zu KI-gesteuerten Prozessen erhebliche organisatorische Veränderungen erfordern, was Widerstände oder Anpassungsschwierigkeiten hervorrufen kann, insbesondere in kleineren Unternehmen mit begrenztem Budget und Ressourcen.
  • Transparenz und Vertrauen in KI-Systeme: Eine weitere Herausforderung bei der Implementierung von KI im P2P-Prozess ist die sogenannte „Black-Box“-Problematik. KI-Systeme treffen Entscheidungen auf der Grundlage komplexer Algorithmen, deren Funktionsweise für Anwender oft undurchsichtig bleibt. Dies kann zu Bedenken hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit und Vertrauenswürdigkeit von KI-Entscheidungen führen. Unternehmen müssen daher Mechanismen zur Überprüfung und Validierung der von KI-Systemen getroffenen Entscheidungen entwickeln, um das Vertrauen der Anwender zu gewinnen und die Transparenz zu gewährleisten.

Fazit: Evolution und Disruption im P2P-Prozess durch KI

Die Integration von Künstlicher Intelligenz in den Purchase-to-Pay-Prozess markiert einen entscheidenden Schritt in der Evolution der Unternehmensautomatisierung. Während regelbasierte Systeme und Robotic Process Automation (RPA) erste Fortschritte ermöglicht haben, bringt KI das Potenzial für eine tiefgreifende Transformation, die weit über einfache Automatisierung hinausgeht. Durch den Einsatz von KI können Unternehmen nicht nur die Effizienz ihrer P2P-Prozesse erheblich steigern, sondern auch ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit verbessern, um in einer zunehmend dynamischen Geschäftsumgebung erfolgreich zu bestehen.

Die zukünftigen Entwicklungen im Bereich der P2P-Automatisierung werden stark von den Fortschritten in der KI-Technologie geprägt sein. Mit der weiteren Verbesserung von NLP, Machine Learning und Cognitive Computing werden die Möglichkeiten zur Optimierung und Automatisierung von Finanzprozessen weiter zunehmen. Unternehmen, die frühzeitig in diese Technologien investieren und die damit verbundenen Herausforderungen meistern, werden sich entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern und ihre Position im globalen Markt stärken.

Im nächsten Beitrag der Serie beleuchten wir, wie KI die Debitorenbuchhaltung und den Order-to-Cash-Prozess verändert.