Die nächste Stufe der Automatisierung: KI-Transformation im Debitorenmanagement und O2C-Prozess

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In unserer Beitragsserie zur KI-Transformation im Finanz- und Rechnungswesen haben wir bereits die Einflüsse von Künstlicher Intelligenz auf den digitalen Rechnungseingang und den Purchase-to-Pay-Prozess (P2P) beleuchtet. Nun richten wir den Fokus auf das Forderungsmanagement (Accounts Receivable, AR) und den Order-to-Cash-Prozess (O2C) – zwei Bereiche, die für die Sicherung eines stabilen Cashflows und die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung sind.

Während die Automatisierung in AR und O2C bereits seit Jahren voranschreitet, markieren KI-Technologien einen grundlegenden Wandel, der weit über die bisherigen regelbasierten und Workflow-gesteuerten Systeme hinausgeht. Die Einführung der E-Rechnungspflicht beschleunigt diese Entwicklung zusätzlich, indem sie Unternehmen dazu zwingt, ihre Prozesse zu digitalisieren und für KI-basierte Lösungen zu öffnen.

In diesem Beitrag untersuchen wir, wie Künstliche Intelligenz die Automatisierung im Debitorenmanagement und O2C-Prozess auf die nächste Stufe hebt, welche strategischen Chancen sich daraus für Unternehmen ergeben und wie diese disruptiven Technologien die Zukunft der Finanzprozesse neu definieren.

Vom Debitorenmanagement über die AR Automation zum Order-to-Cash-Prozess

Die Prozesse rund um das Forderungsmanagement und den gesamten Order-to-Cash-Zyklus sind für Unternehmen von zentraler Bedeutung, um eine stabile Liquidität sicherzustellen und das Working Capital effizient zu nutzen. Die Automatisierung dieser Prozesse erfolgt entlang der effizienten Verwaltung offener Forderungen über die Prozessautomatisierung bis hin zur ganzheitlichen Betrachtung des gesamten Finanzzyklus.

Wichtige Begriffe entlang der Entwicklung der Automatisierung

Um die Veränderungen und Potenziale der Automatisierung im Debitorenmanagement besser zu verstehen, ist es wichtig, drei zentrale Begriffe näher zu betrachten: Debitorenmanagement, AR Automation und der Order-to-Cash-Prozess.

  • Debitorenmanagement

    • Das Debitorenmanagement bildet das Fundament für alle weiteren Prozesse im Forderungsmanagement. Es umfasst sämtliche Aktivitäten, die darauf abzielen, offene Forderungen eines Unternehmens effizient zu verwalten. Dabei stehen die Sicherung der Liquidität und die Minimierung von Forderungsausfällen im Vordergrund.

    • Ein solides Debitorenmanagement ist entscheidend, um den Cashflow stabil zu halten und Risiken durch Zahlungsausfälle zu reduzieren.

  • AR Automation als Prozessautomatisierung im Debitorenmanagement

    • Mit dem technologischen Fortschritt hat sich das Debitorenmanagement weiterentwickelt, insbesondere durch die Einführung der AR Automation. Diese Form der Prozessautomatisierung zielt darauf ab, wiederkehrende und manuelle Aufgaben zu eliminieren und durch digitale Lösungen zu ersetzen.

    • Die AR Automation ermöglicht es Unternehmen, ihre Forderungsprozesse effizienter und fehlerfreier zu gestalten. Dadurch werden nicht nur Kosten gesenkt, sondern auch die Zeit bis zum Zahlungseingang verkürzt, was zu einer verbesserten Liquidität beiträgt.

  • Order-to-Cash als End-to-End-Betrachtung

    • Während das Debitorenmanagement und die AR Automation auf spezifische Aspekte des Forderungsmanagements abzielen, betrachtet der Order-to-Cash-Prozess (O2C) das gesamte Spektrum von der Auftragserfassung bis zum Zahlungseingang als einen durchgehenden End-to-End-Prozess.

    • Die Optimierung dieses Prozesses ist von zentraler Bedeutung, um Engpässe zu vermeiden, den Cashflow zu maximieren und das Working Capital optimal einzusetzen.

    • Darüber hinaus trägt eine effiziente Gestaltung des O2C-Prozesses erheblich zur Verbesserung der Customer Experience (CX) bei. Indem Unternehmen schnelle und reibungslose Abläufe vom Auftrag bis zur Zahlung gewährleisten, erhöhen sie die Zufriedenheit ihrer Kunden, was wiederum zu stärkeren Geschäftsbeziehungen und einer höheren Kundenbindung führt.

Die ganzheitliche Betrachtung des O2C-Prozesses ermöglicht es Unternehmen also nicht nur, ihre internen Abläufe zu optimieren, sondern auch die Qualität ihrer Kundeninteraktionen signifikant zu verbessern.

Ziele und Herausforderungen der Automatisierung im Forderungsmanagement

Die Automatisierung im Forderungsmanagement verfolgt mehrere zentrale Ziele, die darauf abzielen, Prozesse zu optimieren und die finanzielle Stabilität eines Unternehmens zu stärken:

  1. Effizienzsteigerung: Durch Automatisierung wird der manuelle Aufwand erheblich reduziert. Aufgaben wie die automatische Zuordnung von Zahlungseingängen und das Versenden von Mahnungen bei überfälligen Rechnungen werden beschleunigt, was zu einer schnelleren und effizienteren Bearbeitung führt.

  2. Verbesserter Cashflow: Automatisierte Prozesse verkürzen die Forderungslaufzeiten, was zu einem schnelleren Zahlungseingang und einer Stärkung der Liquidität führt. Dies reduziert die Anzahl offener Forderungen und verbessert den Cashflow des Unternehmens.

  3. Transparenz und Kontrolle: Automatisierte Systeme bieten eine zentrale Übersicht über alle offenen und bezahlten Forderungen. Dies erhöht die Transparenz und verbessert die Kontrolle über den gesamten Prozess.

  4. Kundenzufriedenheit: Eine schnellere Bearbeitung von Reklamationen und Zahlungskürzungen durch automatisierte Prozesse kann die Zufriedenheit der Kunden erhöhen, was sich positiv auf die Geschäftsbeziehungen auswirkt.

Bei der Implementierung der Automatisierung müssen jedoch einige wesentliche Aspekte berücksichtigt werden:

  1. Flexibilität und Anpassung: Automatisierungslösungen müssen flexibel genug sein, um den spezifischen Anforderungen und Prozessen eines Unternehmens gerecht zu werden. Maßgeschneiderte Lösungen sind oft notwendig, um optimale Ergebnisse zu erzielen.

  2. Integration in bestehende Systeme: Eine nahtlose Integration der Automatisierung in bestehende IT-Systeme ist entscheidend, um die vollen Vorteile zu nutzen und Implementierungskosten zu minimieren.

  3. Datenschutz und Compliance: Es ist wichtig, dass die Automatisierung den Datenschutzbestimmungen und Compliance-Vorgaben entspricht, um rechtliche Risiken zu vermeiden.

  4. Technologische Unterstützung: Der Einsatz moderner Technologien wie KI-gestütztem Scoring kann die Effizienz weiter steigern, indem präzisere Vorhersagen über das Zahlungsverhalten der Kunden ermöglicht werden.

Durch die gezielte Berücksichtigung dieser Ziele und Aspekte kann die Automatisierung im Forderungsmanagement erheblich zur Prozessoptimierung, Kostensenkung und Verbesserung der finanziellen Stabilität eines Unternehmens beitragen.

Exkurs: E-Rechnungspflicht 2025 und die Standardisierung der Ausgangsrechnung

Ab dem 1. Januar 2025 tritt in Deutschland die E-Rechnungspflicht für Unternehmen im B2B-Bereich in Kraft. Diese neue Regelung verpflichtet Unternehmen, ihre Ausgangsrechnungen elektronisch zu erstellen und zu versenden. Während ab diesem Datum die E-Rechnungspflicht grundsätzlich gilt, gibt es eine Übergangsregelung, die es bis Ende 2026 erlaubt, Papierrechnungen oder alternative elektronische Formate zu nutzen, sofern der Empfänger zustimmt.

Ab 2027 wird der Einsatz von Papierrechnungen weiter eingeschränkt und ist dann nur noch für Unternehmen zulässig, die im Vorjahr einen Umsatz von maximal 800.000 Euro erzielt haben. Ab 2028 müssen schließlich alle Rechnungen im B2B-Bereich elektronisch ausgestellt werden.

Diese Regelungen führen nicht nur zu einer vollständigen Digitalisierung des Rechnungsprozesses, sondern treiben auch die Standardisierung der Ausgangsrechnungen voran. Unternehmen sind gefordert, ihre Rechnungsstellung auf ein einheitliches elektronisches Format umzustellen, das den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Dies bietet die Möglichkeit, den gesamten Order-to-Cash-Prozess effizienter zu gestalten, indem E-Rechnungen nahtlos in bestehende IT-Systeme integriert und automatisierte Workflows für die Rechnungsverarbeitung eingeführt werden.

Durch diese Standardisierung können Unternehmen nicht nur den gesetzlichen Vorgaben nachkommen, sondern auch die Genauigkeit und Transparenz ihrer Finanzprozesse verbessern.

Status-Quo der Automatisierung im Forderungsmanagement und Order-to-Cash-Prozess

Die Automatisierung im Forderungsmanagement und Order-to-Cash-Prozess (O2C) hat sich über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Vor dem Einsatz von KI-basierten Lösungen wurden verschiedene traditionelle Methoden genutzt, um Prozesse effizienter zu gestalten und manuelle Arbeiten zu reduzieren. Diese Ansätze boten eine solide Grundlage, hatten jedoch auch ihre Grenzen. In diesem Abschnitt untersuchen wir den aktuellen Status-Quo und die Herausforderungen, die mit den traditionellen Automatisierungsmethoden einhergingen.

Status-Quo und Entwicklung der AR Automatisierungsansätze

Der aktuelle Stand der Automatisierung im Forderungsmanagement und im Order-to-Cash-Prozess (O2C) wird weitgehend von regelbasierten Automatisierungslösungen und Workflow-Systemen dominiert. Allerdings gibt es in der Entwicklung und Verbreitung dieser Systeme noch verschiedene Vorstufen, die in vielen Unternehmen weiterhin eingesetzt werden. Diese traditionellen Methoden bildeten die Grundlage für die heutige Automatisierung und zeigen, wie sich die Prozesse schrittweise weiterentwickelt haben.

Die folgenden traditionellen Methoden wurden vor der Einführung von KI-basierten Lösungen in der AR-Automatisierung weitgehend verwendet:

  1. Rechnungsoutput in Batch-Verfahren: Viele AR-Prozesse wurden in Batches verarbeitet, was bedeutete, dass Rechnungen und Zahlungsinformationen in Gruppen gesammelt und zu festgelegten Zeiten verarbeitet wurden. Dies führte zwar zu einer Standardisierung, aber auch zu Verzögerungen in der Informationsverarbeitung, die den Cashflow negativ beeinflussen konnten.

  2. Proprietäre Datenbank-Systeme zum Nachverfolgen von Rechnungen und Forderungen: Diese Systeme wurden zur Speicherung und Verwaltung von Kundendaten und Rechnungsinformationen verwendet. Sie boten jedoch oft nur begrenzte Möglichkeiten zur Analyse und konnten die wachsenden Anforderungen an das Datenmanagement und die Analyse nicht vollständig erfüllen, was zu Informationssilos führte.

  3. Elektronischer Ausgangsrechnungsversand (E-Mail mit PDF, Anbindung an Outsourcing-Partner): Der elektronische Versand von Rechnungen, entweder direkt per E-Mail als PDF oder über Outsourcing-Partner, ermöglichte den papierlosen Austausch von Rechnungsinformationen. Während dies den Aufwand für den Versand reduzierte, führte es nicht zwangsläufig zu einer Reduzierung des manuellen Aufwands bei der Verarbeitung der Rechnungen.

  4. Regelbasierte Systeme: Diese Systeme arbeiteten nach festgelegten Regeln und Logiken, die manuell erstellt und gepflegt wurden. Sie konnten einfache Aufgaben wie das automatische Auslösen von Mahnungen bei Zahlungsverzug automatisieren. Allerdings waren sie unflexibel bei komplexeren Szenarien und erforderten erhebliche manuelle Anpassungen, wenn sich die Geschäftsanforderungen änderten.

  5. Robotic Process Automation (RPA): RPA-Tools wurden eingesetzt, um repetitive Aufgaben zu automatisieren, indem sie menschliche Interaktionen mit digitalen Systemen nachahmten. Diese Tools waren besonders effektiv für strukturierte Prozesse, wie die Dateneingabe und -verarbeitung, hatten jedoch Schwierigkeiten, unstrukturierte Daten zu verarbeiten und waren nicht besonders anpassungsfähig.

  6. Workflow-basierte Systeme: Workflow-Systeme ermöglichten es Unternehmen, komplexe Prozesse in vordefinierte Schritte zu zerlegen, die automatisiert abgearbeitet werden konnten. Diese Systeme halfen dabei, verschiedene Aufgaben und Prozesse zu koordinieren, waren aber oft starr und boten wenig Flexibilität, um individuelle Kundenanforderungen oder spezielle Situationen zu berücksichtigen.

Grenzen und Herausforderungen der bisherigen Ansätze

Trotz der Fortschritte, die durch regelbasierte Systeme und Workflow-Lösungen erzielt wurden, stehen Unternehmen in der AR Automation und dem O2C-Prozess vor erheblichen Herausforderungen, die durch veränderte Marktbedingungen und neue Zahlungstrends verstärkt werden. Kunden wünschen sich heute beim Bezahlen größtmögliche Flexibilität, was zur Notwendigkeit führt, Zahlungsmethoden mit Zahlungsaufschub – sprich einem Kreditgeschäft – anzubieten.

Diese Entwicklungen bringen jedoch eine Reihe von Risiken mit sich, darunter:

  • Zahlungsverzögerungen: Kunden, die flexible Zahlungsoptionen nutzen, zahlen oft später, was den Cashflow des Unternehmens beeinträchtigen kann.

  • Vollständige Zahlungsausfälle: Zahlungsmethoden mit Zahlungsaufschub wie "Buy Now, Pay Later" und ähnliche Modelle erhöhen das Risiko, dass Zahlungen gar nicht erfolgen, was zu direkten finanziellen Verlusten führt.

  • Liquiditätsprobleme: Verzögerte Zahlungen und Zahlungsausfälle können zu erheblichen Liquiditätsengpässen führen, die die finanzielle Stabilität des Unternehmens gefährden.

Um diese Risiken zu minimieren und die Effizienz zu steigern, müssen CFOs ihre Prozesse kontinuierlich optimieren. Dabei liegt der Fokus auf der Automatisierung manueller Aufgaben, der Sicherstellung der Compliance, der nahtlosen Integration von IT-Systemen und der Verbesserung der Datenqualität. Gleichzeitig bleibt die Pflege einer positiven Kundenerfahrung entscheidend, um Fehler im Debitorenmanagement zu vermeiden und rechtliche Risiken durch den Schutz sensibler Zahlungsdaten zu reduzieren.

Diese Herausforderungen machen deutlich, dass die Automatisierungsmethoden im AR Management und O2C-Prozess zwar bedeutende Fortschritte ermöglicht haben, aber in einem sich wandelnden Marktumfeld an ihre Grenzen stoßen. Die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung dieser Systeme wird immer dringlicher, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden und die finanzielle Stabilität der Unternehmen zu sichern.

Disruptive Veränderungen durch KI im Forderungsmanagement und Order-to-Cash-Prozess

Auch für das Forderungsmanagement und den Order-to-Cash-Prozess (O2C) ist die Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) als Disruption zu verstehen. Diese Technologien ermöglichen neue Fähigkeiten, die über die traditionelle Automatisierung hinausgehen und nicht nur die Effizienz steigern, sondern auch die Möglichkeiten der Prozessgestaltung verändern. Besonders in Verbindung mit der Standardisierung durch die E-Rechnungspflicht wird das Potenzial von KI in diesen Bereichen voll ausgeschöpft und führt zu einer grundlegenden Neugestaltung des O2C-Prozesses.

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Veränderungen durch den Einsatz von KI im digitalen E-Rechnungsversand

Die E-Rechnungspflicht ab 2025 zwingt Unternehmen dazu, ihre Rechnungsprozesse zu digitalisieren und auf ein standardisiertes Format umzustellen. Der Einsatz von KI in diesem Kontext bietet zusätzliche Vorteile:

  • Automatische Verarbeitung und Fehlererkennung: KI-Systeme können E-Rechnungen automatisch erfassen, kategorisieren und validieren. Sie erkennen Anomalien und Fehler in Echtzeit, was die Genauigkeit erhöht und den manuellen Prüfaufwand minimiert.

  • Optimierung des Rechnungsversands: Durch KI kann der Versand von E-Rechnungen an die individuellen Präferenzen und das Verhalten der Kunden angepasst werden. KI-gestützte Analysen können bestimmen, wann und wie Rechnungen am besten zugestellt werden, um die Zahlungspünktlichkeit zu maximieren.

  • Verbesserte Nachverfolgung und Mahnwesen: KI ermöglicht eine präzisere Nachverfolgung von Rechnungen. Mahnprozesse können automatisiert und personalisiert werden, sodass sie auf die jeweiligen Kundenverhalten abgestimmt sind, was die Erfolgsquote bei der Zahlungserinnerung erhöht.

Die Kombination aus E-Rechnung und KI führt zu einem großen Schritt in Richtung "Touchless E-Invoicing", bei dem der gesamte Rechnungsprozess, von der Erstellung bis zur Zahlung, vollständig automatisiert und ohne manuelle Eingriffe abläuft. Dies reduziert nicht nur den Aufwand, sondern verbessert auch die Geschwindigkeit und Genauigkeit des gesamten Prozesses erheblich.

Veränderungen durch den Einsatz von KI im Forderungsmanagement

Der Einsatz von KI im Forderungsmanagement ermöglicht eine weitere Automatisierung und bessere Risikokontrolle:

  • Automatisierte Kreditprüfung und Risikobewertung: KI kann Kreditprüfungen in Echtzeit durchführen und dabei eine Vielzahl von Datenquellen analysieren, um das Risiko eines Zahlungsausfalls dynamisch zu bewerten. Unternehmen können so fundiertere Entscheidungen treffen und Zahlungsbedingungen entsprechend anpassen bzw. neue Zahlungsmodalitäten überhaupt anbieten.

  • Vorhersage des Zahlungsverhaltens: Durch die Analyse historischer Daten kann KI Vorhersagen über das zukünftige Zahlungsverhalten von Kunden treffen. Diese Prognosen helfen, potenzielle Zahlungsausfälle frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

  • Dynamische Anpassung von Zahlungsbedingungen: KI kann Zahlungsbedingungen flexibel anpassen, basierend auf der Bonität und dem Zahlungsverhalten der Kunden. Dies minimiert das Risiko und kann gleichzeitig die Kundenzufriedenheit durch individualisierte Zahlungspläne steigern.

Veränderungen durch den Einsatz von KI im Order-to-Cash-Prozess

Der Einsatz von KI im O2C-Prozess bringt sowohl betriebswirtschaftliche Vorteile als auch Verbesserungen der Customer Experience (CX) mit sich:

Betriebswirtschaftliche Vorteile:

  • Echtzeit-Überwachung und Steuerung: KI ermöglicht eine Echtzeit-Überwachung des gesamten O2C-Prozesses. Engpässe und potenzielle Probleme können frühzeitig erkannt und behoben werden, was den Cashflow verbessert und die betriebliche Effizienz steigert.

  • Optimierung des Cashflows durch vorausschauende Analysen: KI analysiert kontinuierlich den Cashflow und gibt proaktive Empfehlungen zur Optimierung. Dies schließt die Anpassung von Zahlungszielen und die Steuerung von Zahlungszyklen ein, um den Cashflow zu maximieren und Liquiditätsengpässe zu vermeiden.

  • Automatisierung komplexer Entscheidungen: KI kann komplexe Entscheidungen innerhalb des O2C-Prozesses automatisieren, wie etwa die Priorisierung von Forderungen oder die Anpassung von Zahlungsplänen. Diese Automatisierung führt zu einer schnelleren und präziseren Entscheidungsfindung, was die Gesamteffizienz des Prozesses erhöht.

Vorteile für die Kunden und die Customer Experience (CX):

  • Personalisierte Kommunikation und Angebote: Durch die Analyse des Kaufverhaltens und der Präferenzen können KI-Systeme personalisierte Zahlungspläne, Rabatte und Angebote erstellen. Diese maßgeschneiderte Kommunikation stärkt die Kundenbindung und fördert die Kundenloyalität.

  • Proaktive Problemlösung: KI erkennt potenzielle Probleme, wie z.B. Zahlungsausfälle oder Unstimmigkeiten bei Bestellungen, frühzeitig und bietet proaktiv Lösungen an. Kunden profitieren von einer reibungsloseren Erfahrung, da Probleme oft behoben werden, bevor sie überhaupt auftreten.

  • Verbesserte Transparenz und Nachverfolgung: Kunden haben dank KI-gestützter Systeme eine verbesserte Transparenz über den Status ihrer Bestellungen und Zahlungen in Echtzeit. Diese Nachverfolgbarkeit bietet ihnen mehr Kontrolle und Sicherheit, was das Vertrauen in das Unternehmen stärkt.

  • Flexible und bedarfsgerechte Zahlungsoptionen: KI ermöglicht es Unternehmen, flexibelere und individuell angepasste Zahlungsoptionen anzubieten, die den Bedürfnissen der Kunden entsprechen. Dazu gehören Optionen wie „Buy Now, Pay Later“ oder abgestufte Zahlungspläne, die auf der Bonität und den Vorlieben der Kunden basieren.

  • Reduzierung von Fehlern und Disputen: Durch den Einsatz von KI können Fehler in Rechnungen und Zahlungen frühzeitig erkannt und korrigiert werden, was die Anzahl der Dispute verringert und das Vertrauen der Kunden in das Unternehmen stärkt.

Herausforderungen und Grenzen beim Einsatz von KI im O2C-Prozess

Trotz der signifikanten Vorteile des KI-Einsatzes im O2C-Prozess müssen Unternehmen einige Herausforderungen berücksichtigen:

Integrierte KI-Funktionen und ihre Nutzung

Moderne Softwarelösungen für das Rechnungsmanagement, Forderungsmanagement und die O2C-Prozessautomatisierung bieten oft integrierte KI-Funktionen an. Diese Systeme ermöglichen es Unternehmen, auf bewährte, marktreife Lösungen zurückzugreifen, ohne eigene KI-Entwicklungen vorantreiben zu müssen. Dennoch stellt sich die Frage, ob diese integrierten KI-Systeme alle Datenschutz- und Transparenzanforderungen erfüllen, insbesondere wenn sie auf Shared Services und gemeinsamen Modellen basieren.

Unternehmen müssen sicherstellen, dass die KI-Systeme den strengen Datenschutzvorgaben entsprechen und nachvollziehbare, transparente Entscheidungsprozesse bieten. Dies ist besonders wichtig, wenn sensible Kundendaten verarbeitet werden und die KI auf gemeinsamen Modellen basiert, die von mehreren Unternehmen genutzt werden. Hierbei müssen Risiken wie mangelnde Individualisierbarkeit und die Herausforderung, spezielle Compliance-Anforderungen umzusetzen, sorgfältig abgewogen werden.

Datenintegration und Verarbeitbarkeit

Eine der größten Herausforderungen beim Einsatz von KI im O2C-Prozess ist die Datenintegration. Damit KI-Systeme ihr volles Potenzial entfalten können, müssen sie auf alle relevanten Daten zugreifen können. Dies setzt voraus, dass die Daten aus verschiedenen Quellen, wie CRM-, ERP- und Buchhaltungssystemen, vollständig integriert und in einem verarbeitbaren Format vorliegen. Ohne eine saubere und umfassende Datenbasis können die Vorhersagen und Entscheidungen der KI-Systeme ungenau oder unvollständig sein, was zu ineffizienten Prozessen und potenziellen Fehlern führt.

Datenschutz, Compliance und Ethik: Der AI Act und Hochrisiko-Systeme

Der Einsatz von KI im Forderungsmanagement und insbesondere bei der Kreditprüfung und dem Scoring unterliegt strengen regulatorischen Anforderungen. Der AI Act der Europäischen Union klassifiziert solche Anwendungen als Hochrisiko-Systeme. Dies bedeutet, dass Unternehmen, die KI für Kreditprüfungen und Scoring einsetzen, besondere Anforderungen erfüllen müssen, um die Einhaltung von Datenschutz- und Ethikstandards zu gewährleisten.

  • Nachvollziehbarkeit und Transparenz: Hochrisiko-KI-Systeme, die für Kreditprüfungen und Scoring verwendet werden, müssen transparent und nachvollziehbar sein. Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Entscheidungsprozesse der KI für alle Beteiligten verständlich sind und dass die getroffenen Entscheidungen gerechtfertigt werden können.

  • Einhaltung des AI Acts: Unternehmen müssen alle Anforderungen des AI Acts einhalten, die insbesondere den Schutz der Privatsphäre, die Sicherstellung der Datenintegrität und die Vermeidung von Diskriminierung umfassen. Dies beinhaltet auch regelmäßige Audits und die Bereitstellung von Informationen über die Funktionsweise der KI-Systeme.

  • Ethik im KI-Einsatz: Neben den rechtlichen Anforderungen stellt sich auch die ethische Frage, wie KI-Systeme im Forderungsmanagement eingesetzt werden sollten. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre KI-Systeme fair und ohne Vorurteile agieren und dass sie keine unbeabsichtigten negativen Auswirkungen auf bestimmte Kundengruppen haben.

Kosten und Ressourcenaufwand

Obwohl KI in spezialisierte Softwarelösungen integriert ist, erfordert die Implementierung dennoch Investitionen in Technologie, Schulungen und die Anpassung bestehender Prozesse. Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie über die erforderlichen Ressourcen verfügen, um diese Technologien effektiv einzusetzen.

Fazit: KI als Treiber für eine revolutionäre Neugestaltung von AR und O2C

Die Einführung von Künstlicher Intelligenz im Forderungsmanagement und Order-to-Cash-Prozess markiert einen Wendepunkt in der Finanzautomatisierung. Während traditionelle Systeme bereits bedeutende Effizienzgewinne ermöglicht haben, eröffnet der Einsatz von KI neue Ansätze in Bezug auf Flexibilität, Genauigkeit und vorausschauende Analysen.

Unternehmen, die sich den Herausforderungen der Datenintegration, des Datenschutzes und der Compliance erfolgreich stellen, können nicht nur ihre internen Abläufe optimieren, sondern auch die Kundenerfahrung erheblich verbessern. Die Kombination aus E-Rechnungspflicht und KI bringt den Prozess der Automatisierung auf das nächste Niveau und ebnet den Weg für "Touchless E-Invoicing" und andere innovative Lösungen. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und finanzielle Stabilität zu gewährleisten, wird es für Unternehmen unerlässlich sein, diese disruptiven Technologien zu integrieren und weiterzuentwickeln.

Alle Beiträge aus der Serie "KI Transformation im Finanz- und Rechnungswesen"